Buchcover "Die Füchse von Andorra" von Marjaleena Lembcke

Die Füchse von Andorra

von Marjaleena Lembcke
Verlag Nagel & Kimche
2010, 128 Seiten
Altersempfehlung: ab 9 Jahren
Preis: 12,90 Euro

Jonathan, Felix, Frederike und Sophie sind Geschwister.
Geschwister zu haben, ist super. Warum? Darum! Naja auch deshalb, weil Jonathan anders ist als Felix und Felix anders ist als Frederike und weil Sophie ihre Geschwister wirklich sehr liebt – aber trotzdem Sehnsucht nach einer allerbesten Freundin hat. Versteht Ihr das? Ihr Einzelkinder versteht das sicher nicht – aber jeder von Euch, der Geschwister hat, weiß was Sophie meint. Sophie wüsste schon, wen sie gern als allerbeste Freundin hätte. Alice. Ihre Mitschülerin. Sie ist so stark, findet Sophie. So unabhängig. Leider findet sie nicht wirklich Kontakt zu Alice, aber das kann sie ja ändern, findet Sophie.

Die schönste Zeit eines Familientages ist übrigens immer die, wenn alle am großen Tisch sitzen und Vater seine Reisegeschichten erzählt, also Geschichten, die er spontan erfindet sozusagen, die aber so spannend sind, dass alle am Tisch den Atem anhalten bis entweder Vater oder Mutter rufen „So! Schluss jetzt. Ab in die Falle!!“ und die Kinder sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten Richtung Bett bewegen.
Die Kinder lieben ihren Vater und seine Geschichten. Und sie lieben natürlich ihre Mutter. Nur anders eben. Mutter ist ein ruhiger vertrauter Ort – nicht sehr spannend, aber man fühlt sich beschützt. Vater ist klasse, weil er wunderbare Familiensoaps erfindet, in denen die Vierlinge die Hauptrollen spielen.

Wisst Ihr was? Eigentlich würde es die Vierlinge gar nicht geben, hätten die Erwachsenen der Natur nicht ein wenig geholfen, sagt Mutter immer. Sie wollte jedenfalls immer sehr gerne viele Katzen haben, aber jetzt waren es halt menschliche Vierlinge geworden, machten seit ihrem ersten gemeinsamen Geschrei Arbeit ohne Ende und wuchsen mit viel Elternstress und wenig Schlaf langsam aber sicher heran.

Jonathan ist heute der Größte und Klügste. Felix ist der Dickste von ihnen. Er kann einfach nicht aufhören zu essen. Auf seine Mahlzeiten bereitet er sich vor wie auf eine Mathearbeit – sein Essen teilt er mit niemandem.
Frederike ist die Kleinste. Und leise. Laut sprechen ist ihr fremd. Überhaupt redet sie nicht gern.
Und da ist da noch Sophie, die kennen wir ja schon.

Als Sophie und Jonathan aufs Gymnasium gehen, Felix in die Realschule kommt und Frederike die Hauptschule besuchen soll, bedeutet das Trennung. Mutter sagt „Ihr müsst lernen, ohne den anderen auszukommen.“
Komisch, denkt Sophie. Warum sagt sie so was? Und warum ist sie in letzter Zeit eigentlich ganz oft so traurig und sagt nicht warum?
Die Kinder glauben, es sei ihre Schuld, dass ihre Mutter immer trauriger wird.
Und Felix weiß es wieder ganz genau. Neulich hat er – natürlich ganz zufällig- ein Gespräch mitgehört, das sein Vater mit seinem besten Freund geführt hat. Die beiden haben sich über die Füchse von Andorra unterhalten.

Andorra? Was das wohl wieder war?! Ist das ein Land? Wo mag das sein? Und gibt es da Füchse? Aber – wozu gibt es Google?
Aber weder er noch die anderen verstehen wirklich was er da gehört hat noch kann Google bei Andorra und den Füchsen weiterhelfen.

Bevor Ihr erfahrt, wie es weitergeht, erzähle ich Euch von den Füchsen aus Andorra. Es ist nämlich so: Wenn man Gespräche belauscht, versteht man schnell Bahnhof – wie man so schön sagt. In diesem Falle hat Felix irgend etwas über „Die Füchse von Andorra“ aufgeschnappt, sein Vater hat mit seinem Freund aber von der „Büchse der Pandora“ gesprochen.
Und was ist das jetzt? Also. Es gibt viele Geschichten über die Büchse der Pandora. Hier ist die Version, die der Vater später in der Geschichte seinen Vierlingen erzählt: Nach einer griechischen Sage hatte der Gott Zeus einer Frau mit Namen Pandora eine Büchse geschenkt, die sie aber nicht öffnen sollte. Sie tat es trotzdem, weil sie neugierig war und heraus kam alles, was den Menschen das Leben schwer macht. Krankheit, Krieg, Tod, Gier, Neid, Ungerechtigkeit und Hoffnungslosigkeit. Depressionen zu haben ist, als würde sich jeden Tag die Büchse der Pandora erneut öffnen. Man hat dann Angst vor dem Leben. Und diese Angst macht sehr traurig.

Die Kinder erfahren, dass ihre Mutter schon während ihres Studiums oft unter Depressionen gelitten hat.
Das wurde aber auch Zeit! Die Erwachsenen warten manchmal wirklich viel zu lange, um ihren Kindern etwas zu erklären. In den nächsten Wochen geben sich die Vierlinge alle Mühe, ihre Mutter aufzuheitern. Felix ist sogar bereit, weniger zu essen. Aber der Mutter will es einfach nicht besser gehen. Auch der Urlaub in Finnland kann sie nicht aufheitern. Dabei hatte Tante Paula – also Mutters Schwester – es so gut gemeint, als sie sie alle dazu eingeladen hat.

Nach der Rückkehr aus dem gemeinsamen Urlaub wird schnell klar, dass es wohl besser ist, wenn die Mutter in ein Krankenhaus geht, wo man sich um ihre Seele kümmert. Tante Paula arbeitet auch dort. Sie kennt sich mit Depressionen aus. Als Sophie ihre Mutter dort besucht, ist sie sehr erstaunt, als sie auf Alice trifft. Denn auch Alice hat ein Geheimnis.

Sophies Geschichte handelt davon, wie wichtig es ist, dass man in der Familie zusammen hält und wie man lernt mit einer Erkrankung umzugehen, die man zuerst gar nicht versteht.

Bremen, 24. Oktober 2013