Tobie Lolness

von Timothée de Fombelle
Gerstenberg Verlag
2018, 774 Seiten
Altersempfehlung: ab 10 Jahren
Preis: 20,00 Euro

Tobie versucht ruhig zu atmen. Eben noch hat er seine Verfolger gehört. Damit sie ihn in dem schwarzen Rindenloch nicht entdecken, muss er so leise wie möglich sein.

Da! Zwischen den Ästen kommen schwankende Lichter näher. Auch ihre Stimmen kann er nun hören. „Wir müssen ihn finden! Er darf uns nicht entkommen!“. Ängstlich drückt Tobie sich noch tiefer in das kleine Loch im Ast.

Tobie Lolness ist tatsächlich in höchster Gefahr. So genau, kann er sich nicht erklären, wie er in diese Situation gekommen ist. Sein Vater, ein sehr kluger Mann, Wissenschaftler und Buchautor hat eine erstaunliche Erfindung gemacht. Für diese Erfindung braucht man den Saft der uralten Eiche, auf der sie alle wohnen.

Aber, den Saft, den sie dem mächtigen Baum immer wieder abzapfen, braucht dieser zum Überleben. Wenn sie ihn ausbeuten, wird der Baum sterben und mit ihm ihr Lebensraum. Also hat Slim Lolness beschlossen, seine geniale Erfindung geheim zu halten.

Doch der gierige Geschäftsmann Jo Mitch will unbedingt wissen, was hinter Slim Lolness Geheimnis steckt. Und dabei ist ihm jedes Mittel recht. Da es für die Familie Lolness immer gefährlicher wird, beschließen sie in die Niederen Äste zu ziehen, weit weg von Jo Mitch. Fünf Jahre verbringen sie im Exil, weit weg von ihren alten Freunden und Bekannten.

Hier in den Niederen Ästen haben sie nur ein paar entfernte Nachbarn. Der alte Vigo Tornett zum Beispiel, der mit seinem stummen Neffen Plum noch ein paar Zweige tiefer wohnt. Oder Elisha, die Tobie eines Tages an einem kleinen See kennenlernt. Sie lebt allein mit ihrer Mutter in einer runden Asthöhle, nicht weit von der großen Grenze.

Ja, die große Grenze. Man erzählt sich, das hinter der Grenze die Hautlosen wohnen. Die sind nicht ganz ungefährlich. Das hat Tobie jedenfalls gehört. Aber Elisha und ihre Mutter lachen nur darüber.

Auf dem Hof von Seldor lebt die Familie Asseldor. Sie ist für ihre Gastfreundschaft baumbekannt. An ihrem langen Tisch steht immer ein Gedeck mehr, so dass man sich nie unwillkommen fühlt. Hier wird gesungen und gelacht. Noch, denn auch der Familie Asseldor droht eine düstere Zukunft.

Eines Tages kommt ein Bote in die Niederen Äste. Er hat eine Einladung für Familie Lolness dabei. Als diese sich auf den mühevollen Aufstieg in die Wipfel der alten Eiche macht, müssen Tobie und seine Eltern mit Entsetzen feststellen, dass sich der Baum in den letzten Jahren dramatisch verändert hat. Sein Holz ist von allen Seiten angebohrt, wie ein Schweizer Käse. Es gibt nur noch wenige schützende Blätter, obwohl es noch nicht mal Herbst ist.

Und auch die Bewohner des Baumes haben sich verändert. Niemand gibt ihnen ein Bett für die Nacht, keiner öffnet die Tür. Das Misstrauen gegenüber jedem ist in die Herzen der Leute gezogen.

Als Slim, seine Frau Maia und Tobie endlich in den Wipfeln ankommen, werden sie sofort festgenommen. „Verbrechen gegen den Baum“ so heißt das Urteil. Doch Tobie gelingt in letzter Sekunde die Flucht. Seine geliebten Eltern muss er jedoch in den Händen von Jo Mitch und einigen wenigen, aber äußerst korrupten Beamten zurück lassen.

Hatte ich eigentlich erwähnt, dass Tobie mit seinen 13 Jahren gerade mal anderthalb Millimeter groß ist. Ihr werdet Euch sicherlich schon gewundert haben, wie auf dieser alten Eiche so viele Menschen leben können. Tobie ist zwar sehr klein, aber er ist stark. Stark durch die Liebe zu seinen Eltern und denjenigen, die ihn auf seiner Flucht unterstützen.

Er wird seine Freiheit wiedererlangen. Aber es wird ein langer gefährlicher Weg, der ihn sogar zu den Hautlosen führen wird. Aber er lernt, dass es sich zu kämpfen lohnt. Für eine Welt in Frieden und Freiheit und mit den Gedanken an eine Welt, in der man achtsam mit den Menschen und der Natur umgehen sollte.

Genauso, wie wir es auch tun müssen. Achtsam sein, gegenüber unserer Erde und den Menschen, die darauf wohnen.

Bremen, 11. Dezember 2018