Buchcover "Bunte Fische überall" von Kathrin Schrocke

Bunte Fische überall

von Kathrin Schrocke
Mixtvision Verlag
2021, 184 Seiten
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Preis: 14,00 Euro

Zugegeben, nicht jeder kann von sich behaupten zwei Väter zu haben. Ich schon. Mein Name ist Barnie und Dad und Papa lieben sich nicht nur abgöttisch, sie sind auch verheiratet. Ihre Freundin Martina ist meine Mama. Momentan ist sie, glaube ich, in Thailand, jedenfalls irgendwo ganz weit weg.

Es gibt ein Buch bei uns zuhause über meine Entstehungsgeschichte. Es ist ein bisschen kitschig dieses Bilderbuch, aber es ist auch fantastisch, denn es handelt von mir. In dem Buch geht es um zwei Prinzen (Dad und Papa) die zusammen ein Kind haben wollen. Eines Tages kommt eine gute Fee vorbei (das ist Mama), die zaubert winzige Wunderherzen in ihren Bauch und nachdem sie immer runder, runder und runder geworden ist, kommt ein Baby (das bin ich). Ich liebe diese Geschichte.

Für mich ist das alles vollkommen normal und ich will gar nicht anders aufwachsen. Aber tatsächlich gibt es Menschen, die das nicht verstehen können.

Dazu gehört auch Sergej. Er wohnt bei uns mit im Haus und ist der heißeste Junge ever, ever, ever. Als unsere Lehrerin Frau Zelenki diesen einen Morgen mit lauter kleinen, menschenähnlichen Babypuppen in der Klasse auftaucht, ahnen wir alle nicht im Ansatz, dass wir die nächsten Tage und Nächte nicht mehr chillen, schlafen, fernsehen, in Ruhe essen können werden.

Zu zweit sollen wir uns um diese Babys kümmern. So, als ob wir ein Kind bekommen haben. Diese Puppen werden weinen, wenn sie unsere Hilfe brauchen, wenn sie Hunger haben oder die Windel gewechselt werden muss. Und da Sergej und ich schließlich in einem Haus wohnen (yeah!), teilen wir uns das Sorgerecht für Herbie (ja, ich finde den Namen auch komisch. Wieso sollte man sein Kind nach einem Auto benennen).

Das meine beste Freundin ziemlich beleidigt ist, weil ich diese Aufgabe nicht mit ihr gemeinsam meistern will, ist mir in dem Moment sowas von egal. Endlich kann ich Sergej näher kommen ohne das es aufdringlich wirkt.

Doch wir haben Herbie und das Baby-Projekt ein wenig unterschätzt. Nicht nur, das Papa und Dad ein wenig durchdrehen, weil Sergej – ein ausgesprochenen gutaussehender Teenager in meinem Alter und männlich! – immer öfter in meinem Zuhause auftaucht, auch der Schulunterricht ist praktisch nicht mehr möglich, weil entweder Chantal-Rose, Lady Gaga, Creature oder auch alle zusammen schreien.

Dann passiert es: Sergej und ich küssen uns. Himmlisch, endlich, Wolke sieben. Doch dann sagt er diesen einen Satz und der verändert alles.

Bremen, 11. November 2021