Anna mag Oma und Oma mag Äpfel

von Katrin Hofer-Weber
Bohem Verlag
2022, 36 Seiten
Altersempfehlung: ab 5 Jahren
Preis: 15,00 Euro

Anna hat zwei Omas. Damit sie die beiden auseinanderhalten kann, nennt sie die eine Oma „Oma Obstgartenweg“ oder einfach „Oma Obst“ und die andere „Oma Oberstadt“.

Oma Obst lebt im Seniorenheim. Anna will sie heute besuchen. Oma Obst wohnte nicht immer im Seniorenheim. Früher wohnte sie in einem Haus mit einem Garten und einem großen Apfelbaum. Seit Oma im Seniorenheim lebt, ist alles anders. In Omas Haus wohnen jetzt andere Leute. Und auch Oma ist anders als früher. Manchmal reagiert sie nicht auf Anna und den Besuch. An anderen Tagen lacht sie und freut sich über Anna und den Besuch.

Einmal hat Anna Oma Obst ein Bild gemalt und es ihr mitgebracht. Aber Oma hat sich das Bild nicht einmal angesehen. Das hat Anna sehr verletzt und sie ist so wütend, dass sie ihre Oma Obst nicht wieder besuchen will.

Annas Eltern erklären ihr, dass Oma nicht mit Absicht ihr Bild übersehen hat, sondern dass sie eine Krankheit hat, die man nicht wieder heilen kann. Am nächsten Sonntag will Anna trotzdem nicht mit ins Seniorenheim zu Oma. Stattdessen kramt sie in der großen Fotokiste und findet ein Foto mit Oma, als sie noch ganz jung war und einem jungen Mann, der ihr einen Apfel reicht. Und sie hat eine Idee.

Zum nächsten Besuch verstaut sie vier Äpfel und zwei Apfelschäler in ihrem Rucksack. Heute wartet Oma schon auf Anna. Sie hat einen dieser „guten Tage“. Das versteht Anna jetzt.

Als sie die vier Äpfel und die zwei Apfelschäler auf den Tisch in Omas Zimmer legt, lächelt Oma und beginnt auf der Stelle, Äpfel zu schälen. Gemeinsam werden alle vier Äpfel genüsslich aufgegessen. Und Anna weiß jetzt, dass Oma an Demenz erkrankt ist und mit der Zeit ihre Gedanken verliert. Das ist für Oma schmerzhaft, zu erleben und für ihre Kinder und auch für Anna schmerzhaft, zu verstehen. Aber sie weiß auch, dass Oma hin und wieder Erinnerungen hat, die sie dann mit Anna teilen kann. Wie die Sache mit den Äpfeln. Die Idee mit den Äpfeln ist schließlich auch in Omas Gehirn angekommen.

Und Anna ist glücklich. Weil sie verstanden hat und die Erkrankung akzeptieren kann. Denn sie hat sicher noch andere gute Ideen, wie sie mit Oma Obst Zeit verbringen kann. Und eines ist sowieso klar: Oma Obst wird immer ihre geliebte Oma Obst bleiben.

Bremen, 9. Oktober 2022